In Bayern ist am Ende des 1. Weltkriegs die Demokratie ausgebrochen, als alle Soldaten und Kasernen einschließlich der königlichen Leibgarde zu den Revolutionären übergelaufen waren:
Der König war mit Familie geflohen, der Schreck vom letzten Jahr aus Rußland war der Adels- und Oberschicht noch in den Knochen: Einige Soldaten hatten nach der dortigen Revolution am 7. November 1917 die Zaren-Familie umgebracht, und entsprechendes erwartete jetzt der Adel in Europa:
Kurt Eisner hatte man nach den MunitionsarbeiterINNEN-Streiks in Untersuchungshaft gesetzt, damals noch für unbegrenzte Zeit, doch musste man in für die Nachwahl zum Reichstag im Oktober 1918 freilassen: Ein SPD-Abgeordneter war verstorben.
Er rief am 7. November 1918 den Freistaat Bayern aus, am 21. Februar 1919 wurde er ermordet, von einem adeligen katholischen Jung-Offizier, der von den arischen Rassisten der Thule-Gesellschaft beleidigt worden war … den man kaum dafür belangte, Kardinal Faulhaber traute den Mörder später …
Die Todesstrafe ist in Europa und vor allem in Bayern noch nicht so lange vergangene Geschichte: Als Forderung der zuerst noch bis 1890* verbotenen Sozialisten, wandte die Mehrheits-SPD in der ersten großen Koalition nach der Revolution in Bayern sie sogar gesetzwidrig an:
Die Verfahren, auch zur Ermordung von Kurt Eisner hätten zum Reichsgerichtshof überwiesen worden müssen, die Volksgerichte begannen ihre blutige Tradition, berichtet Philipp Loewenfeld in seinen Erinnerungen. https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_Loewenfeld gibt euch mehr Lebens-Daten dazu: Noch nicht zu seinem Vater, dessen Kanzlei er übernimmt, in der schon Ludwig Thoma schreiber war.
Philipp Loewenfeld
(* 23. September 1887 in München; † 3. November 1963 in New York) war ein deutscher Rechtsanwalt und Politiker (SPD). http://raete-muenchen.de kennt noch mehr:
http://raete-muenchen.de/recht-und-politik-in-bayern
Recht und Politik in Bayern
Der Weltkrieg hat den Zusammenbruch der politischen und wirtschaftlichen Ordnung herbeigeführt. Das entrechtete, von der Entscheidung über seine Lebensfragen ausgesperrte Volk wurde von schrankenlos herrschenden Gewalten in Krieg und Untergang getrieben.
In der Stunde höchster Not aber raffte sich dieses ohnmächtige Volk auf, zertrat in gewaltiger revolutionärer Erhebung das schuldige System der Vergangenheit und riß die Macht an sich. Das politisch ohnmächtige Volk wurde durch die Revolution das freieste.
http://verfassungen.de/de/by/staatsgrundgesetz18.htm
Der Völkerbund, als dessen Mitglied die erste bayrische Räte-Regierung unter dem Ministerpräsidenten Kurt Eisner sich verstand, war die neue internationale Gruppe, die den Friedensvertrag vorbereiten und die Kriegshintergründe aufklären wollte.
Die Friedensbewegungen hatten sich in den Kriegsvorbereitungen schon zusammen getan, um den Krieg zu verhindern, doch wenig Erfolg: Die Waffenindustrie war stärker, die SPD kippte um.
Kurt Eisner hatte auch durch die Akten der vormalig königlichen Ministerien belegen können, dass Adel, Militär und Monarchie schon seit 1907 mit dem Schlieffen-Plan den nächsten Überfall auf Frankreich vorbereitet hatten, als Wiederholung des damals so schnell geglückten 1870/71-er Krieges, der mit seinen eroberten Schätzen Frankreichs einen großen Aufschwung gebracht hatte: Franzosen-Viertel in allen größeren Städten, die Isar-Verbauung an der Sieges-Göttin NIKE, die bis heute freundlich „Friedensengel“ genannt wird.
Im Gegensatz zu Berlin …
wo es von vorne herein zwei Ausrufungen der Republik gegeben und um die „roten Matrosen“ auch heftige Straßenkämpfe, diverse Polizei-Schießbefehle der SPD und viele Tote auf allen Seiten
Bayern streitet in der SPD
denn zuerst war ja auch der pazifistische Flügel aus der Reichstags-SPD ausgeschlossen worden, aber konsequent im Programm, das bis kurz vor dem Kriegsanfang ja selbst noch pazifistisch gewesen war … und als die parlamentarische Form zu sehr von Berlin gegängelt wirkte, die sowjetische Freiheits-Räte-Form der ersten Februar-Revolution noch gute Nachrichten aus Russland hatte, aber auch die Offenlegung der Kriegslügen, auf die eine große Menge der Reichstags-Partei und des bayrisch-königlichen Landtags herein gefallen war …
Philipp Loewenfeld ist als Jurist eher auf der Mehrheits-SPD-Seite und hält flammende Reden gegen die Räte, die er nicht aus den Betrieben und Kasernen legitimiert sehen kann, versucht aber auch Vermittlungsgespräche und gerät immer wieder zwischen die Fronten, vor allem, wenn er Rechtsbruch erlebt. Die Notizen daraus werden sich noch vermehren …
… denn die Arbeit an dem dicken Buch ist immer wieder neu überraschend und zieht in jene Zeitgeschichte: Einführung als zeitgeschichtlicher Überblick:
Von der Kindheit und Jugendzeit bis zur Flucht 1933, in den USA auch für die dortige Diskussion geschrieben
Rätekongress und russisches Rätemodell
– meinte das Bodenreform und Betriebs-Enteignungen, Arbeiterverwaltung?
Entwicklung der Nazi-Terror-Struktur aus der Münchner Justiz und Polizei: Von Standgerichten gesprochenes Unrecht bis zum Volksgerichtshof als Perversion, der alle Täter der Standgerichte und Feme-Morde freispricht
Kindheit und Jugend
- Die Kanzlei des Vaters und Wohnung in der Pfandhausstr. 3 etwa am heutigen Lenbachplatz / der damaligen Maxburg
- Ludwig Thoma als ungeliebter Mitarbeiter des Vaters und eine Abrechnung, auch mit dem später gleichgeschalteten Simplicissimus
- Der sozialpolitische Freund des Vaters Theodor Loewenfeld, Philipp Lotmar bekam eine Professur in Bern und schrieb ein erhaltenes Gedicht:
- „Der Kunstkaffer“ – Ein Brief als Bild auf http://raete-muenchen.de/recht-und-politik-in-bayern
Eine Sozialpolitische Vereinigung
Philipp Loewenfelds mit Beteiligung von Lujo Brentano, in der Gaststätte gegenüber der LMU in der Amalienstraße, bei der König Ludwig III (oder sein Sohn?) als Gast die erste Studentin in seinem Leben sieht, und vergisst sein Bier zu zahlen … er schickt am nächsten Tag seinen Adjutanten …
Die „misslungene Revolution“, denn Philipp Loewenfeld schreibt aus der Sicht des Juristen und der Mehrheits-SPD, bleibt den Arbeiter-Räten und dem Geschehen gegenüber skeptisch
Max Hirschberg, ebenfalls jüdischer Demokrat, war Kollege in der Kanzlei und führte die Verteidigung zB. Felix Fechenbachs in der Anklage von „Landesverrat“ fort, die aus der Weitergabe von Materialien der früheren Regierung durch Kurt Eisner im Kriegstreiben der Reichsregierung von der bayrischen Nach-Revolutions-Regierung konstruiert worden war, flüchtete dann ebenfalls in die USA.

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